Home » Verpassen Transportunternehmen die digitale Transformation?
❯ Der Digitalisierungsgrad liegt im Durchschnitt höher als bei anderen Branchen.
❯ Viel Potenzial bleibt dennoch ungenutzt, beispielsweise bei Telematiklösungen.
❯ Lücke zwischen dem Bewusstsein der Chancen von Digitalisierung und der tatsächlichen Umsetzung
Anpassungsdruck sowie Wachstums- und Produktivitätsanreize fordern digitale Strategien. Allerdings zeigen Studien, dass Transportunternehmen in Deutschland immer noch unterschiedlich hoch digitalisiert sind.
So liegt zwar beispielsweise laut Digitalisierungsindex Mittelstand 2020* der Digitalisierungsgrad mit 61 von 100 Punkten über dem Durchschnitt anderer Branchen. Allerdings erreichen nicht alle Marktteilnehmer Spitzenwerte beim Digitalisierungsgrad – größere Mittelstandsunternehmen und Unternehmen in der Personenbeförderung sind digitalisierter.
Laut einer Dataforce Telematikanalyse* nutzen 23 Prozent der Unternehmen Telematik für ihre Fuhrparks, mit Services für digitale Tachografen an der Spitze (siehe Infokasten). Das spiegelt sich auch in einer Umfrage von Webfleet Solutions wider: 64 Prozent nutzen den Remote Download für ihre Tachografendaten, allerdings liest noch fast jedes fünfte europäische Unternehmen (18 Prozent) manuell aus.
Digitale Tachografen
Routenoptimierung
GPS-Ortung
Führerscheinkontrolle
Kraftstoff- und CO2-Verbrauch
Auftragsmanagement
Fahrstildaten
Elektronisches Fahrtenbuch
Quelle: Dataforce Telematikanalyse (betrachtet wurden LKW-, Transporter- und PKW-Fuhrparks)
Dabei ist das Bewusstsein groß, dass Digitalisierung mehr Chancen als Risiken birgt, wie etwa eine BVL-Studie* ergab. Knapp 10 Prozent mehr als noch 2016 sind überzeugt, dass die digitale Transformation zusätzliche Erlöse generieren kann, etwas weniger glauben an signifikante Kostenreduzierung für ihr Unternehmen.
50 Prozent schätzten die Chancen der Digitalisierung für ihr Unternehmen als hoch ein, 37 Prozent sogar als sehr hoch. Der Anteil derer, die sehr hohe Chancen sehen, hat sich im Vergleich zu 2016 um mehr als die Hälfte erhöht.
Im Gegensatz dazu sehen die Unternehmen die Risiken nicht als sehr hoch an (2 Prozent), ganze 4 Prozent weniger als 2016, 21 Prozent gehen immerhin noch von hohen Risiken aus. Die positive Wahrnehmung der Digitalisierung überwiegt damit deutlich die negative Sicht.
Dennoch sind die tatsächlich genutzten digitalen Lösungen eher klassische Technologien, die bereits seit vielen Jahren auf dem Markt sind, wie etwa Tracking&Tracing oder Remote Download. Trends wie tiefe Datenvernetzung und -verknüpfung für vorausschauende Prognosen, Automatisierung in der Planung und künstliche Intelligenz kommen immer mehr an, werden aber noch nicht in großem Umfang genutzt. Hier zeigt sich eine Diskrepanz zwischen dem Wissen um die Chancen und dem tatsächlichen Umsetzungsstand.
Dabei sieht ein Großteil das Potenzial darin, vorhandene Daten wertschöpfend einzusetzen und Transparenz zu erhöhen. Aber die stringente Linie und Strategie fehlen noch. Zudem legen die meisten den Fokus auf technische Faktoren, sehen überhaupt die Digitalisierung hauptsächlich als technischen Vorgang.
Zwar zeigt sich in einigen Studien, dass häufig veraltete IT-Technik und Datensilos Hinderungsgründe für eine durchgängige Digitalisierung sind – zu diesem Ergebnis kommen unter anderem eine Supply-Chain-Studie von BlueJay Solutions und auch die Befragung „Transport & Logistik – Digitale Transformation LDL (Logistikdienstleister) 2019“ der IUHB Internationalen Hochschule. Jedoch wird häufig unterschätzt oder gar vergessen, wie wichtig die ganzheitliche Organisation in einem Change-Management-Prozess sowie die Weiterbildung des Personals sind.
Als weiteren Grund nennt der Digitalisierungsindex auch die Furcht vor hohen Investitionskosten. Auf lange Sicht zahlen sich die Investitionen allerdings aus (siehe Kasten).
Dafür müssen eben auch Risiken eingegangen, werden wie beispielsweise die frühzeitige Investition in neue IT-Entwicklungen. Bei der Einstellung zu diesen gibt es besonders bei kleineren und mittleren Unternehmen noch einiges an Nachholbedarf.
Bei den Top-Performern mit 86 Punkten im Index zeigt sich: Je höher der Digitalisierungsgrad, desto höher ist die Zufriedenheit mit Umsatz, Neukundengewinnung oder mit der Reaktionsgeschwindigkeit bei Kundenanfragen.
Quelle: Digitalisierungsindex Mittelstand 2019/20 – Teilstudie Transport& Logistik
(Herausgeber: Deutsche Telekom)
Viele IT-Anbieter in der Branche arbeiten mittlerweile nach agilen Methoden, die immer auch ihre Kunden einbeziehen. Das ist kein abgeschlossener Prozess, an dessen Ende ein statisches Produkt steht, sondern die Lösungen werden stetig verändert, verbessert und angepasst.
Das fordert aber auch ein Umdenken bei den Kunden selbst – traditionelle Transporteure erwarten vielfach erprobte Lösungen, laufen aber damit Gefahr, den Anschluss zu verlieren.
Bei neuen Entwicklungen müssen Fehler erlaubt sein, nur so können sie verbessert werden. Zu diesen Schlüssen kommt auch die Befragung „Digitale Transformation LDL 2019“*. Eine etablierte Fehlerkultur und die Abkehr von der „Null-Fehler-Philosophie“, auch bei den Kunden von Logistikdienstleistern, sei deshalb entscheidend für die erfolgreiche digitale Transformation.
Es zeigt sich, dass sich Transportunternehmen sehr wohl bewusst sind, wie wichtig digitale Technologien und Prozesse für ihr Bestehen im Wettbewerb sind. Allerdings klafft nach wie vor eine Lücke zwischen diesem Bewusstsein und dem Wissen zu geeigneten Lösungen gerade im Bereich Advanced Data Analytics sowie dem tatsächlichen Umsetzungsstand.
Quellen: